Hüftgelenksdysplasie (HD)

Bei der Hüftgelenksdysplasie handelt es sich um eine Fehlbildung des Hüftgelenkes während seiner Entwicklung in der Jugendzeit. In Folge dessen kommt der Oberschenkelkopf nicht mehr regelrecht in der Gelenkspfanne zu sitzen. Diese Fehlbildung kann in verschiedenen Formen und Schweregraden auftreten. Sie hat erbliche und erworbene Komponenten. Die Diagnose und Einteilung in Schweregrade erfolgt ausschließlich über ein Röntgen der Hüfte unter Vollnarkose im Alter von mindestens 12 Monaten.
Es werden in Europa 5 HD-Grade unterschieden.

HD-Grad
Bezeichnung Richtlinien der FCI-Auswertung 1993 (nach Linnmann)
A
HD-frei Der Femurkopf und das Azetabulum sind kongruent. Der kraniolaterale Rand des Azetabulums zeigt sich scharf konturiert und läuft abgerundet aus. Der Gelenkspalt ist eng und gleichmäßig. Der Winkel nach Norberg (in Position 1) beträgt etwa 105° (als Referenz). Bei hervorragenden Hüftgelenken umgreift der kraniolaterale Azetabulumrand den Femurkopf etwas weiter nach laterokaudal.
B
HD-Verdacht

Entweder sind Femurkopf und Azetabulum in geringem Maße inkongruent mit einem Winkel nach Norberg (in Position I) von etwa 105° oder das Zentrum des Femurkopfes liegt medial des dorsalen Azetabulumrandes und Femurkopf und Azetabulum sind kongruent.*
* Anmerkung: Norberg-Winkel bei der 2. Alternative kleiner als (etwa) 105°

C
leichte HD Femurkopf und Azetabulum sind inkongruent, der Winkel nach Norberg beträgt etwa 100° und/oder der kraniolaterale Rand des Azetabulums ist in geringem Maße abgeflacht. Unschärfen oder höchstens geringe Anzeichen osteoarthrotischer Veränderungen des kranialen, kaudalen oder dorsalen Azetabulumrandes, des Femurkopfes oder –halses können vorhanden sein.
D
mittlere HD Deutliche Inkongruenz zwischen Femurkopf und Azetabulum mit Subluxation. Winkel nach Norberg größer als 90° (nur als Referenz). Abflachung des kraniolateralen Azetabulumrandes und/oder osteoarthrotischen Merkmale.
E
schwere HD Auffällige dysplastische Veränderungen an den Hüftgelenken, wie z.B. Luxation oder deutliche Subluxation. Winkel nach Norberg unter 90°, deutliche Abflachung des kranialen Azetabulumrandes, Deformierung des Femurkopfes (pilzförmig, abgeflacht) oder andere osteoarthrotische Merkmale.

Symptome

Symptome treten abhängig von der Art und Schwere der Fehlbildung manchmal schon beim jungen Hund auf, meist aber erst nach einigen Jahren. Der Grund dafür liegt in der jahrelangen Belastung des fehlgebildeten Gelenkes, wodurch sich mit der Zeit Arthrosen entwickeln, welche erst dann zu Schmerzen führen. Der Hund versucht in Folge, seine Hinterbeine zu entlasten. Er ist wenig bewegungsfreudig, liegt viel und zeigt Probleme beim Aufstehen. Oft lahm er auch nach dem Aufstehen für einige Schritte. Durch die Schonhaltung bilden sich auch Muskeln zurück, was den arthrotischen Veränderungen weiteren Vorschub leistet.
Allerdings müssen selbst bei Hunden mit röntgenologisch befundeter mittlerer oder schwerer HD keine Symptome auftreten.

Therapie

Die Therapie der HD erfolgt chirurgisch. Es kommen unterschiedliche Methoden zur Anwendung, von der Denervation über die Implantation von Goldpartikeln nach Akupunkturprinzipien bis hin zur künstlichen Hüfte.

Auftreten beim Australian Cattle Dog

Beim Australian Cattle Dog ist die HD relativ weit verbreitet. Laut Statistik der amerikanischen OFFA (orthopaedic foundation for animals) sind nur 3,9 % der Australian Cattle Dogs HD-frei. Da der ACD zu den mittelgroßen und leichten Hunderassen gehört, gibt es trotz dieser Häufigkeit des Auftretens nur wenige Hunde, die tatsächlich an Schmerzen leiden und einer Therapie bedürfen.

Vererbung und Züchterische Maßnahmen

HD hat genetische und erworbene Komponenten. Die Schätzungen für die Größe der erblichen Komponente belaufen sich um die 20 - 30 %. Der Erbgang ist noch nicht völlig aufgeklärt, es handelt sich aber um einen polygenetischen Erbgang mit Schwellenwertcharakter. Das bedeutet, daß mehrere Gene beteiligt sich, die gemeinsam einen gewissen Schwellenwert erreichen müssen, bevor eine HD entsteht.
Für den Züchter bedeutet das, dass auch phänotypisch gesunde Hunde die Anlage zur HD vererben können. Selbst wenn nur mehr Hunde mit dem Befund HD A in die Zucht kommen, kann die Nachzucht HD entwickeln.
Um diesem Problem beizukommen, wurde die Zuchtwertschätzung entwickelt. Hierbei wird versucht, abzuschätzen, wie ein bestimmter Hund diese Anlagen vererbt. Zu diesem Zweck werden Daten über die Verwandten des Hundes gesammelt, mit denen er einen Teil seiner Gene gemeinsam hat. Hat der Hund gesunde Hüften und ebenso ein Großteil seiner Verwandten hat er eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, auch gute Hüften weiterzugeben. Er hat einen guten Zuchtwert. Ist der Hund jedoch der einzige in seiner Sippe mit gesunden Hüften, trägt er mit hoher Wahrscheinlichkeit auch jene Gene in sich, die seine Verwandten krank machen und kann diese auch vererben. Trotz seiner eigenen guten Hüften hat er einen schlechteren Zuchtwert als der erste Hund.

Umgekehrt gilt auch, daß ein Hund trotz schlechter Eigenleistung aufgrund seines guten genetischen Hintergrundes eine hohe Wahrscheinlichkeit haben kann, gesunde Nachzucht zu bringen. Auch dieser Hund würde einen guten Zuchtwert zugeschrieben bekommen.

Ich verwende ein auf meinen Auftrag hin speziell auf Australian Cattle Dogs angepasstes Zuchtwertschätzungsprogramm des TG-Verlags in Giessen, um für meine Zuchthündin Corra optimale Zuchtpartner hinsichtlich Hüftgelenksdysplasie finden zu können.

Weiterführende Informationen

Hüftgelenksdysplasie

Untersuchungen zur Validierung von Detailinformationen der verschiedenen HD-Auswertungsmethoden als Züchtungsinformation für die Zuchtwertschätzung zur Bekämpfung der Hüftgelenksdysplasie (HD)

Validierung der Auswertungsmethoden der Hüftgelenksdysplasie beim Hund aus genetischer Sicht. Dissertation von Matthias Gutmann PDF

Das Verfahren der Zuchtwertschätzung am Beispiel der Hüftgelenksdysplasie beim Deutschen Schäferhund: Teil 1

Das Verfahren der Zuchtwertschätzung am Beispiel der Hüftgelenksdysplasie beim Deutschen Schäferhund: Teil 2

Das Verfahren der Zuchtwertschätzung am Beispiel der Hüftgelenksdysplasie beim Deutschen Schäferhund: Teil 3

Orthopaedic Foundation for Animals